Akutes Psychotrauma
Besonderheiten der akuten Traumatisierung Es scheint so zu sein, dass die Folgen einer erheblichen Belastung, oder Traumatisierung, bei vielen Menschen eine bestimmte Reaktion auslösen. Diese Reaktion möchte ich im Folgenden beschreiben. Eine traumatisierende Erfahrung löst erst einmal einen Schockzustand aus. In diesem Zustand kann der Mensch wie betäubt wirken, verwirrt und es kann ihm schwer fallen, im Kontakt zu anderen zu bleiben. Dies liegt zum einen daran, dass wir als Menschen der Erfahrung hilflos ausgeliefert zu sein, denn diese Erfahrung ist für uns unerträglich, entgehen können, indem wir mit einem Teil unseres Bewusstseins aus der Situation herausgehen. Dies ist keine bewusste Entscheidung, sondern eine quasi automatisch ablaufende Notfallreaktion. Bildhaft könnte man sagen, dass unser bewusstes Erleben in einer Rettungsboot steigt und sich von der Katastrophe entfernt. Betroffene schildern das z. B. so: "Plötzlich war ich nicht mehr in meinen Körper. Ich hatte keine Schmerzen mehr. Es war so, als würde ich von der Zimmerdecke hinunter schauen. Ich sah, dass da unten etwas schlimmes geschah, aber es geschah nicht mir. " " Ich weiß, dass es etwa zwei Stunden gedauert haben muss. Es kam mir aber vor, als seien es nur zehn Minuten gewesen. Ich kann mich an vieles nicht erinnern. " " Ich habe keine klare Erinnerung von dem was gewesen ist. Das sind nur einzelne Bilder und Gefühle. Das Gesicht des Täters sehe ich noch klar vor mir. Ich kann aber nicht sagen, wann er kam, wann er ging und was er an hatte. Ich rieche noch genau, wie er roch. Ich kann den Ablauf aber nicht im ganzen wiedergeben. " Wir Psychiater nennen diesen Zustand, bzw. diese Reaktion, " Dissoziation ". Es ist für sie wichtig zu wissen, dass diese Reaktion in einem Menschen ablaufen kann, ohne dass er darauf einen Einfluss hat. Dies sichert das seelische Überleben, hat aber zur Folge, dass der Mensch zu Beginn oder dauernd eine geordnete Aussage über das Erleben machen kann oder das die Erinnerung zu Beginn oder dauerhaft lückenhaft ist. Die Folgen sind für sie in ihrer Ermittlungsarbeit sicher sehr hinderlich, aber kein böser Wille des Opfers. Selbst wenn das Opfer nicht dissoziiert, ist es ihm in der Schockphase, die etwa 24 bis 48 Stunden andauert, oft schwer möglich eine angemessene Aussage über das Erlebte zumachen. In der Schockphase braucht das Opfer Unterstützung von außen. Vor allem geht es darum ihm die Erfahrung zu vermitteln, dass wieder Sicherheit herrscht und Wahlmöglichkeiten für ihn vorhanden sind, bzw. dass er langsam wieder Kontrolle über die Situation erlangt. Gerade in dieser Zeit müssen im Rahmen der polizeilichen Ermittlung Spurensicherung bestimmte Schritte folgen. Die notwendige gynäkologische Untersuchung nach einer Vergewaltigung z. B., kann erneut als Trauma erlebt werden. Andererseits kann die Begleitung eines vertrauten Menschen in der Untersuchungssituation, dies könnte durchaus auch die Polizistin sein, die den ersten Zugriff mit dem Opfer einer vertrauensvollen Kontakt aufbauen konnte, sehr stützen. Auch in der sich dann anschließenden Phase, der Einwirkungsphase, ist das Opfer weiter sehr verletzlich. Die anfängliche Betäubung geht zurück und das Opfer beginnt, das Erlebte in Träumen, Bildern oder Gedanken wieder zu erleben. Dies ist ein normaler Bestandteil unseres Selbstheilungsprozesses, kann aber das Opfer sehr erschrecken. Hier hilft es, darüber von einem Fachmann informiert und beraten zu werden. Auch können erste therapeutische Hilfen angeboten werden. Weiterhin ist das Gefühl Sicherheit zu haben, Entscheidungsmöglichkeiten und Kontrolle wiederzugewinnen von großer Bedeutung. Damit wird die Chance auf eine Heilung aus eigenen Kräften in der folgenden Erholungsphase gestärkt. Auch wenn die ‘Symptome’ der akuten Traumafolgen nicht mehr sind als die natürliche Reaktion auf eine unnormale Erfahrung, braucht ein Mensch in dieser Situation eine besondere Unterstützung. Information über seinen Zustand und mögliche Folgen sind vordringlich. Nach einer Abschätzung des Risikos für die Entwicklung einer PTBS ist eine Beratung über die nächsten Schritte notwendig. Besteht ein solches Risiko ist eine psychotraumatherapeutische Frühintervention notwendig. Diagnostik und Behandlung sollte nur bei einem Fachmann (spezielle Psychotraumatherapie, EMDR & Erfahrung mit der akuten Traumafolgestörung) stattfinden.
[./startpag.html]
[./seite1pag.html]
[./seite2pag.html]
[./emdrpag.html]
[./emdrsuchtpag.html]
[./publicationpag.html]
[./activpag.html]
[./kontaktpag.html]
[./downpag.html]
[./linkspag.html]