Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) bietet einen innovativen therapeutischen Ansatz in der Suchttherapie - CravEx. Der innovative Ansatz einer Reprozessierung des Suchtgedächtnisses (CravExTM) eröffnet neue Möglichkeiten. Mit der Theorie des Suchtgedächtnisses (Heyne, May et al. 2000) ergibt sich die Möglichkeit einer Anwendung der EMDR-Methode auf diese implizite, maladaptive Erinnerung. Dies Vorgehen ist in das AIP-Modell der EMDR-Methode integrierbar. Eine erste Pilot-Studie zeigt eine positive Wirkung auf das Craving Alkoholabhängiger (Hase 2006) - Eine kurze Beschreibung ist als PDF zum Download für Therapeuten abrufbar -. Die Daten sind über die Dissertation (Link s.o.) zu sehen. Wenn auch bisher eine Studie zur Überprüfung der Ergebnisse noch nicht realisiert werden konnte, arbeiten doch mehrere EMDR-Therapeutinnen und -Therapeuten mit diesem Ansatz. Aus dem regelmäßigen Austausch und weiteren eigenen Beobachtungen möchte ich über Erfahrungen mit der Anwendung des EMDR-Ansatzes CravEx® bei der Abhängigkeit von Alkohol und auch illegalen Drogen berichten. Es scheint eine abgegrenzte Bearbeitung eines Suchtgedächtnisses möglich zu sein. Auch bei komorbiden Patienten ist bei entsprechender Fokuswahl eine Assoziation in z.B. Traumamaterial vergleichsweise selten. Die EMDR-Prozesse in der Arbeit mit Erinnerungen an Rückfallsituationen oder starkes Craving scheinen eher körperorientiert zu sein. Initial im Prozess auftretendes Wohlgefühl, scheint mir bei Alkoholabhängigen eher der auftauchenden Erinnerung an Drogenwirkung zu entsprechen. Daher sollte dies Material in der Stimulation gehalten werden. Eine Verwechselung mit neutral bis positivem Material des Kanalendes ist bei genauer Beobachtung des Prozesses durchaus vermeidbar. Im AIP-Modell des EMDR wird die nicht ausreichend verarbeitete Erinnerung als ein Paket aller somatischen, kognitiven und affektiven Komponenten gesehen. Daher wäre bei dem Suchtgedächtnis auch Craving als ein Teil der Erinnerung zu erwarten. Ebenfalls wird die Erinnerung an Drogenwirkung als Teil des Suchtgedächtnisses im Prozess auftauchen. Dies könnte verschiedene Implikationen haben: Der Prozess der Durcharbeitung würde durch die Drogenwirkung gefärbt. Bei sedierenden Drogen wäre der Prozess eher gedämpft. Bei aktivierenden Drogen wäre mehr Bewegung zu erwarten. In der Tat erlebe ich in der Arbeit mit Alkoholabhängigen eine ‚alkoholisch' anmutende Reaktion im Prozess. Kollegen berichten über Unruhe bei der Arbeit mit Ecstasy-Abhängigen bzw. die typischerweise als ‚breit' benannte Zustandsform in der Arbeit mit Heroinabhängigen. Die biochemische Power der Droge könnte sich abbilden. Erste Erfahrungen scheinen in diese Richtung zu deuten und eine höhere Therapiedosis z.B. in der Arbeit am Ecstasy-Gedächtnis nahe legen. Konkret bedeutet dies, dass zur Reduktion des Craving beim Ecstasy-Abhängigen das dreifache an Sitzungen notwendig sein könnte und zwischen den Sitzungen mit Craving im Sinne des Nachprozessieren gerechnet werden muss. Wenn auch aufgrund der Ergebnisse aus der Grundlagenforschung (Heyne und Wolffgramm 1998) von gleichen Prinzipien bei der Bildung des Suchtgedächtnisses ausgegangen werden kann, bedeutet dies noch nicht, dass auch die Durcharbeitung im EMDR-Prozess in gleicher Weise möglich ist. Wie schon oben ausgeführt gibt es Hinweise auf die Möglichkeit einer Verarbeitung der vermutlich impliziten Erinnerung ‚Suchtgedächtnis' bei Alkohol, Opiaten und Psychostimulantien, aber auch Hinweise auf Unterschiede hinsichtlich Therapiedosis und Prozessverlauf. Ob auch Nikotin, Cannabis und andere Drogen erfolgversprechend therapeutisch angegangen werden können, muss derzeit noch offen bleiben. Aus den Niederlanden wurden erste positive Ergebnisse mit Nikotinabhängigen berichtet. Dies deckt sich auch mit eigener Erfahrung. Eine Erweiterung des Ansatzes auf nicht-stoffgebundene Abhängigkeit scheint prinzipiell denkbar. Hier sind allerdings die Erfahrungen bisher spärlich. Erste Erfahrungen bei der Bulimie und pathologischem Kaufen scheinen ermutigend. Hier scheint mir aber der Hintergrund biografischer Erfahrung von größerer Bedeutung und in der Therapieplanung zu berücksichtigen. Der Weg zu einem Standardprotokoll In der EMDR-Methode ist der Begriff Protokoll mit einer speziellen Bedeutung versehen. Ein Protokoll ist ein Behandlungsplan, der vorgibt an welchem Material in welcher Reihefolge gearbeitet werden sollte. Der Behandlungsplan zur Behandlung der einfachen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist derzeit am besten mit Daten unterlegt. Die Arbeit im Standardprotokoll zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung verlangt mehr als die Arbeit an alten Erinnerungen. Ein ‚Standardprotokoll Substanzabhängigkeit' berücksichtigt also analog Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. EMDR-Interventionen zielen nicht nur auf die Durcharbeitung der Erinnerung an die Aktivierung des Suchtgedächtnisses, sondern auch auf die gegenwärtigen Manifestationen, z.B. die Trigger und die für die Zukunft notwendigen Verhaltensänderungen, die zur Abstinenz beitragen. In der Behandlung eines 57 jährigen Alkoholabhängigen Mannes zeigte sich die Notwendigkeit im Standardprotokoll zu arbeiten. Nach zwei Sitzungen der Reprozessierung von Erinnerungen an Rückfall bzw. erlebtes Craving war eine Reduktion des OCDS-Wertes von 27 auf 5 Punkte zu verzeichnen. Aber erst nach der Reprozessierung von Triggern und einer Zukunftsprojektion in drei weiteren Sitzungen fiel der OCDS-Wert auf 0 und blieb auch in der Katamnese sechs Monate nach Abschluss der Behandlung auf 0. Der Patient blieb sechs Monate abstinent. In dem CravEx® - Manual ist die Entwicklung eines ‚Standardprotokoll' angelegt. Arbeitsblätter zur Behandlungsplanung, Ressourcenstärkung und Durchführung der Reprozessierung sind als Hilfen für die praktische Arbeit gedacht. Das CravEx® - Manual ist über HHP-Deutschland / Trauma-Aid gegen eine Spende erhältlich.
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Literatur Tip: Hase, M. (2006). "EMDR in der Behandlung der stoffgebundenen Abhängigkeit". Praxisbuch EMDR. F.H. Lamprecht. Stuttgart, Klett-Cotta
[http://www.mh-hannover.de/einrichtungen/biblio/diss1/diss-hase.pdf]